Hier finden Sie aktuelle Urteile und Tipps zu den Bereichen Kauf- und Werkvertragsrecht. Im Schwerpunkt zu den Themenfeldern Vertragsgestaltung, Vertragsschluss, Mängelrechte, Sekundärrechte (Minderung, Rücktritt, Schadensersatz), Rückabwicklung, AGB, Vertragsauflösung, Anfechtung und Vielem mehr.
Sollten Sie in diesen sehr praxisrelevanten und vielschichtigen Bereichen Rechtsfragen, Probleme oder Beratungsbedarf haben, genügt eine kurze Kontaktaufnahme.
Formulierung "gekauft wie gesehen" in einem Kaufvertrag erfasst nur solche Mängel, die ein Laie unter Hinzuziehung eines Sachverständigen bei der Besichtigung erkennen kann
OLG Oldenburg, Beschluss vom 28.08.2017 - 9 U 29/17
Schließen zwei Verbraucher einen Kaufvertrag (hier: KFZ) und formulieren hierin die Beschränkung für Sachmängel auf "gekauft wie gesehen", so gilt dies nur für offensichtliche Mängel. Dies war im Fall nicht gegeben, wenn nur ein Sachverständiger feststellen konnte, dass das Auto einen Unfallvorschaden aufwies, im Zuge dessen Beseitigung dem die Kotflügel gespachtelt und neu lackiert wurden. Dies war bei der Besichtigung nicht erkennbar.
Eine einleuchtende Entscheidung, die aber trotzdem vor dem Lichte des geltenden Zivilrechts gelesen werden muss: Hätte der Verkäufer nämlich den gänzlichen Ausschluss der Mängelrechte vereinbart (dies ist bei einem Kauf zwischen Verbrauchern stets möglich), so wäre dieser Ausschluss auch in diesem weiten Umfang wirksam gewesen. Legt man jedoch "gekauft wie gesehen" aus, so kann dies nur verstanden werden als "was der Verbraucher bei der Besichtigung sieht". Hierzu gehören die o.g. Mängel nicht. Bei einem Totalausschluss dagegen schon.
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Bundesgerichtshof stellt schuldrechtliche Selbstverständlichkeit fest: Mängelrechte im Werkvertrag können erst ab Abnahme bestehen - Ausnahmen bleiben
BGH, Urteil vom 19.01.2017 - VII ZR 301/13
Der BGH stellt in seinem Urteil zunächst fest, was sich bereits aus dem Werkvertragsrecht ergibt: Mängelansprüche des Bestellers bestehen erst nach der Abnahme des Werkes. Zuvor hat er immer noch den normalen Erfüllungsanspruch, da er definitionsgemäß das Werk vor der Abnahme noch nicht als im Wesentlichen vertragsgemäß hingenommen und akzeptiert hat. Davor kann der Unternehmer selbst entscheiden, wie er ein mangelfreies Werk herstellt.
Etwas anderes kann aber für die Rechte auf Aufwendungsersatz, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz gelten, wenn - und hierin liegt die Besonderheit der Entscheidung - die Nacherfüllung, also die "Reparatur" nicht mehr möglich ist und der Vertrag in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Das Vorschussverlangen reicht hierfür nicht aus. Ein Abrechnungsverhältnis ist dann entstanden, wenn der Besteller zum Ausdruck bringt, dass er unter keinen Umständen mit dem Unternehmer weiter zusammenarbeiten will.
Nach der Abnahme kann der Besteller daher die (ordnungsgemäße) Erfüllung einklagen, vollstrecken nach § 887 BGB, zurücktreten, mindern oder Schadensersatz fordern.
Für das beste Vorgehen im Einzelfall sollte sich auf beiden Seiten zuvor Rechtsrat eingeholt werden, da bereits durch eine "unvorsichtige" Abnahme beiden Seiten Rechtsverluste drohen, die bei anwaltlicher Beratung vermeidbar sind.
Bundesgerichtshof legt fest: Eine bei Gefahrübergang fortbestehende Eintragung eines Kraftfahrzeugs im Schengener Informationssystem (SIS) zum Zwecke der Sicherstellung und Identitätsfeststellung ist ein Rechtsmangel i.S.d. § 435 BGB, der zum Rücktritt berechtigt
BGH, Urteil vom 18.01.2017 - VIII ZR 234/15
In diesem Urteil stuft der BGH die Eintragung eines Kraftfahrzeugs in das SIS (nach dem Fahrzeug wurde gefahndet; Verdacht der Hehlerei) als Rechtsmangel ein. Damit schafft er Klarheit über die Frage, wie sich eine solche Eintragung auf den geschlossenen Kaufvertrag auswirkt: Diese Eintragung sei ein dauerhafter und nachhaltig beeinträchtigender Umstand der Kaufsache, wodurch auch die Fristsetzung nach § 323 BGB nicht erforderlich sei. Damit kann bei einer Eintragung in das SIS der Kaufvertrag grundsätzlich rückabgewickelt werden. Allerdings kommt es auf die Feinheiten bei der Art der Eintragung (Behebbarkeit des Mangels) und der Entbehrlichkeit der Fristsetzung (Dauer der Beseitigung) an. Eine juristische Beratung ist auch hier empfehlenswert.
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Beschränkung des Internetangebotes auf Gewerbetreibende bzw. Unternehmen setzt deutlichen Hinweis hierauf voraus
OLG Hamm, Urteil vom 16.11.2016 - 12 U 52/16
Zunächst ist es dem Unternehmer, der sein Internetangebot (z.B. Onlineshop) nur auf gewerbetreibende Kunden beschränken will, gestattet, dies zu tun. Die Erklärung hierzu muss auf der Internetseite aber klar und transparent sein und diesen Willen unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Dazu gehört auch, dass Verträge mit Verbrauchern nicht "ohne Weiteres" zustande kommen können. Hierfür reicht ein Passus auf der Seite selbst und den auf der Seite abrufbaren AGB nach Ansicht des Gerichts nicht aus!
An dem Urteil ist zunächst wichtig, dass ein solcher Ausschluss zulässig vereinbart werden kann, gleichwohl Verbraucher auf die Seite Zugriff haben. Genau da setzt das Gericht aber an und verlangt - im Umkehrschluss - die Sicherstellung, dass ein Vertrag mit Verbrauchern nur zustande kommt, wenn dieser sich wahrheitswidrig über implementierte Hürden hinwegsetzt. Insbesondere der wirksame Ausschluss in den AGB reicht hierfür nicht.
Praxistipp: Denkbar ist z.B. die Einführung eines Pflichtfeldes "Firma" bei den persönlichen Daten oder die mit einer konstituiven Checkbox zu bestätigende Frage, ob es sich um einen Firmenkunde handelt.
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